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hansgustav
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PM ID: 10971
PM [hansgustav]

Last replied to on Fri Jan 25, 2013 22:07:09
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Hallo zusammen,

ich will mich auch mal vorstellen. Ich bin 32 Jahre alt und über diverse Suchbegriffe via Google auf dieses Forum gestoßen. Auf der Suche war ich nach Tipps, wie ich meine ewige Aufschieberei in den Griff bekommen könnte.

Ich schiebe eigentlich schon immer gerne mal unangenehme Dinge auf, aber so richtig angefangen hat es bei mir denke ich erst bei meinem ersten Job. Ich war aufgrund schlechter Auftragslage oder uninteressanter Aufgaben chronisch unterfordert und hatte einen Internetzugang, noch dazu einen nicht einsehbaren Arbeitsplatz ... und so kam es, wie es kommen musste. Ich vertrödelte die meiste Zeit im Internet, in diversen Foren etc. Ganz schlimm sind für mich YouTube und Wikipedia - da kommste vom hundertsten ins Tausende, und ruckzuck ist der Tag rum.

Jedenfalls, ich war grandios ineffektiv. Brauchte für die einfachsten Aufgaben Stunden und Tage, weil ich mich einfach nicht dazu aufraffen konnte, anzufangen, dranzubleiben und die jeweilige Aufgabe fertigzustellen. Das waren teilweise Dinge, die man in 10 Minuten erledigt hat, ich aber brauchte mehrere Tage. Klar, dass das immer mehr auffiel. Aber man legt sich ja so seine Ausreden parat: Viel zu tun, wichtige Telefonate geführt, vergessen, schon erledigt etc.

Die Kündigung, die irgendwann folgte, war beinahe einvernehmlich, sprich eine Riesenerleichterung für mich. Zu dem Zeitpunkt reifte in mir die Idee, mich selbstständig zu machen, denn "da würde ich den Arsch sicher eher hochkriegen" als für meinen Chef ...

Gedacht, getan. Nun, zu Beginn meiner Selbstständigkeit waren zwei Dinge maßgeblich: Keine Kunden (und deshalb auch nix zu tun), und jede Menge Kosten. Ersteres führte dazu, dass ich mir wieder verstärkt im Internet die Zeit vertrieb, anstatt verstärkt Akquise zu betreiben und hinterherzutelefonieren.

Ich denke, dass bei mir die Angst vor dem Erfolg hier eine große Rolle spielte und auch immer noch spielt. Denn, der Kunde könnte ja Interesse haben, Ansprüche hegen, Zeit einfordern, Aufgaben abverlangen. Ich weiß, wie bescheuert das klingt, denn den mehrfachen Aufwand bedeutet es, solchen potentiellen Auftraggebern hinterherzujagen - und es ist ja auch so, dass ich davon leben muss.

Zweiteres (die beständigen Kosten) führten dazu, dass ich chronisch pleite war und sich Rechnungen türmten, mit alle dem, was dann so für gewöhnlich folgt: Vertröstungen, Panik, ungeöffnete Post etc.

Dann folgte die permanente Existenzangst. Angst vor Entscheidungen, Angst vor Konsequenzen. Und Angst lähmte mich noch mehr. In der Phase meines Lebens hat sich denke ich die Prokrastination bei mir manifestiert. So hatte ich für mich immer den Strohhalm, dass "schon alles gut werden würde", wenn ich mal richtig Gas gebe etc. Nur auf diese klugen Selbstratschläge hin folgten so gut wie nie die entsprechenden Taten.

Das war vor 8 Jahren, und ist auch heute noch mein Thema. Aktionismus hat mich davor bewahrt, den Karren vollends an die Wand zu fahren, denn immer wenn es besonders eng wurde, habe ich mich zusammengerissen und notwendigstens unternommen, um Gläubiger zufriedenzustellen, Kunden zu gewinnen, Banken und Finanzämter zu bedienen, nicht pleite zu gehen. Mein Problem ist, dass ich aus diesem Hamsterrad aber nicht herauskomme. Ich scheine mich dahingehend programmiert zu haben, nur so viel zu verdienen, wie ich ausgeben muss, leider oft sogar noch weniger.

So hab ich auch schonmal 8 Wochen gebraucht, um ein Angebot zu schreiben. Dass da nix draus wurde, muss ich nicht erwähnen. Ist es auf dem Konto dagegen sehr akut, kann ich auch schonmal über Nacht Dinge erledigen, die andere Leute wohl in einer Woche nicht auf die Kette bekämen. Aktionismus eben. Seltsam. Mit den Rechnungen ist es das selbe - ich kann mich einfach nicht dazu aufraffen, diese zu schreiben. So schiebe ich gerade Außenstände vor mir her in Höhe von gut 10.000 Euro - hab aber auch die selbe Höhe an Verbindlichkeiten. Ich werde angemahnt, Mahnbescheide flattern ins Haus, der Gerichtsvollzieher war schon zweimal da ... weil ichs nicht gebacken kriege. Ich habe fast ein ganzes Jahr gebraucht, um Elterngeld zu beantragen. Das waren dann auf einen Schlag knapp 4000 Euro, die mir auch monatlich gut getan hätten - so aber verdampfte das Geld quasi in dem Augenblick, in dem es in meine Kontoumlaufbahn eingetreten ist (da chronisch im Minus eben).

Ich könnte Romane füllen mit Dingen, die ich aufschiebe. Mein Schreibtisch ist übersäht mit Post-Its und To-Do-Listen. Ganz banale Dinge sind da dabei, aber auch wichtige. Wie die Steuererklärungen. Ich bekomme schön regelmäßig den absoluten Riesenärger mit den Jungs, weil ich meine Erklärungen notorisch zu spät abgebe. Ich hab jetzt erst 2010 fertig gemacht, bin natürlich längst geschätzt (und abkassiert) worden, auch schon für 2011. Gewerbesteuer ... auch so'n Ding. Ist schon wieder die Vorauszahlung fällig, für das vierte Quartal, und das dritte Quartal ist kurz vor der Vollstreckung. Dabei bin ich zum 30.6. umgezogen und müsste nur mein Gewerbe ummelden, und die eben genannten Probleme wären hinfällig. Wieso kann ich da nicht einfach hingehen, den Wisch ausfüllen und gut is`? Weil ich Formulare hasse.
Weil ich keine Lust auf Behördengänge habe. Weil es mir graut, mich meinen Problemen wirklich zu stellen, und ich stattdessen lieber weglaufe. Sie ignoriere. Und weil ich momentan keine 100 Euro habe, die die Ummeldung kosten wird, aber das ist ein anderes Thema.

Ich schreib jetzt nachher ein paar Rechnungen. Sind welche dabei für Leistungen aus dem August. Meine Fresse ...

Nun, wie gesagt, ich könnte noch 2 km weiterschreiben, aber ich will niemanden langweilen. Außerdem, wem erzähl ichs? Ich hab mal ein bißchen quergelesen und mit Entsetzen (aber auch irgendwie Erleichterung) festgestellt, dass ich mich in sehr vielen Beiträgen wiederfinde. Wir also das selbe Problem haben.

Wieso habe ich mich hier angemeldet? Weil ich am Freitag eine für mich bahnbrechende Entdeckung gemacht habe: Eine neue Art der To-Do-Liste. Es geht um Aufteilung - ich habe für mich bemerkt, dass ich immer (und besonders) dann Probleme mit dem "Anfangen" habe, wenn der Berg an Arbeit schier unüberblickbar ist. Getreu dem Motto: "Keine Ahnung, wo ich beginnen soll, also mache ich sicherheitshalber erstmal gar nix. Aber morgen fang ich dafür sicher an, und steh lieber schon im 5 auf. Oder übermorgen um 4."

Jedenfalls, ich bin also für mich zu dem Schluss gekommen, es mit Aufteilung in kleinere Portionen zu versuchen. Mein Apfelkalender (iCal) bietet eine Wochenansicht. Die hab ich mir ausgedruckt - und zwar wird jeder Tag von 7 Uhr morgens bis 20 Uhr abends abgebildet. In jede Stunde ist Platz für maximal 2, sagen wir 3 Aufgaben.

Ich habe dann am Freitag mal versucht, mir nicht mehr den Tag selbst "vorzunehmen", sondern nur "Stunde für Stunde". Mit kleinen Aufgaben, die ich gut schaffen kann, die mir aber evtl. noch Restzeit übriglassen, damit ich mich nicht überfordert fühle.

Und ich muss sagen: Es funktioniert bisher super! Ich habe Dinge erledigt, die ich schon vor 4 Monaten hätte tun sollen, und außerdem 2 wichtige Abgabetermine punktgenau vorbereitet.

Ich werde das mal beibehalten, mal sehen. Von 13 bis 14 Uhr hab ich nun drinstehen, dass ich, wie erwähnt, 3 Rechnungen schreiben muss. Dann mache ich das, und nix anderes. 1 Stunde für drei Rechnungen. Zeitaufwand real: ca. 15 Minuten. Aber es ist okay. Bescheuert zwar, dass ich nicht effektiver bin, aber ich glaube es ist der richtige Schritt, das "Dinge abarbeiten" wieder zu lernen. Die Taktzahl erhöhen kann ich immer noch. Aber für den Moment bin ich zufrieden, wenn ich abends auf 5-7 erledigte Tätigkeiten zurückblicken kann, anstatt wie bisher auf 0-2.

Viele Grüße!
HG


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Signatur? ... überleg ich mir morgen. Vielleicht.

hansgustav
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PM ID: 10971
[PM hansgustav]

Posted at Thu Nov 22, 2012 10:44:12
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Ok, Hand aufs Herz Leute ... wer von Euch hat seit einer Woche fest vor, ein paar kurze, nette Zeilen in diesen Thread zu schreiben, aber dies seitdem immer aufgeschoben? ;-)

Grüße!
HG
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Signatur? ... überleg ich mir morgen. Vielleicht.

Blockflöte
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PM ID: 970
[PM Blockflöte]

Posted at Fri Nov 23, 2012 14:33:42
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hexe2222
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PM ID: 11173
[PM hexe2222]

Posted at Sat Dec 15, 2012 15:15:52
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hansgustav, Du sprichst mir aus der Seele. Ich probiere das auch mal mit den Stundenaktivitäten- Kalendermodell.

maen007
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PM ID: 11829
[PM maen007]

Posted at Fri Jan 25, 2013 22:07:09
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Prokrastinierer aus Leidenschaft

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