Kurz nach Acht, und dazu noch am einem Montagmorgen, also nach einem Wochenende, da war klar, daß noch kein Betrieb war, dachte Vera. Der Typ der gerade eben bei ihr gewesen war, bereitete sich auf eine Prüfung vor, hatte er ihr erzählt. In den letzten Wochen war er schon häufig da gewesen, immer früh am Morgen, oft der erste überhaupt, kam mit einem Packen Bücher und verließ wieder die Bibliothek mit einem neuen Bündel. Bis jetzt war er der einzige überhaupt gewesen für diesen Morgen. Die meisten Studenten und Studentinnen lagen wohl noch im kuschligen Bett, oder frühstückten noch gemütlich.
Das Studentenleben könnte ihr auch gefallen. Einmal auch diese Freiheit zu genießen. Nicht immer diesem täglichen Zwang zu unterliegen von acht bis achtzehn Uhr arbeiten zu müssen. Einfach mal ganz spontan mal zwischendurch machen können, was man will. Da läßt man einfach mal eine Vorlesung Vorlesung sein, und geht statt dessen ins Schwimmbad oder sonnt sich in den Grünanlagen des Stadtparkes. Mit nackten Busen liegen sie im Rasen und tun so als stöberten sie in ihren Büchern. Also sie könnte jedenfalls nichts lernen, wenn sie dort in der Sonne garte, dachte sie neidisch. Besser in der Sonne braten, als hier in dieser stickigen Halle zu verdorren. Gott sei Dank hatte sie ja die Mittagspause, die konnte sie ja wenigstens in der kleinen Grünanlage vor der Bibliothek verbringen.
Jeden Mittag hoffte sie, Felix in der Mensa oder in dem kleinen Park zu treffen. Entweder gehörte er zu den, ihrer Meinung nach, wenigen Studenten, die wirklich hart arbeiten, oder er verbrachte seine Tage im Schwimmbad, Stadtpark oder bei sonstigen Freizeitaktivitäten, fern von der Uni.
Wann käme er wohl seinen Ausweis abholen? Vielleicht hatte er es ganz vergessen. Möglicherweise vermißte er ihn wohl noch nicht einmal, denn bisher hatte er ja nur selten, genaugenommen erst zweimal Bücher ausgeliehen gehabt. War das vielleicht ein Indiz dafür, daß er zur faulen Spezies gehören könnte?
Warum hatte sie ihm auch nicht gesagt, wann er den Ausweis abholen könnte. Wenn der bloß nicht so schnell weggegangen wäre, dachte sie, als sie ihn plötzlich vor sich sah. Freundlich lächelnd. Nein, das war mehr als bloße Freundlichkeit. Sie errötete, als er sie nach seinem Ausweis fragte.
--,,Was ich sie noch fragen wollte: Das letzte Mal klang es so, als ob sie gerne Tennis spielen würden. Hätten sie mal Lust mit uns zu spielen, wir sind zur Zeit nur zu dritt?''