next up previous contents
Nächste Seite: Abschnitt 15 Aufwärts: Königin von Montara Vorherige Seite: Abschnitt 13   Inhalt

Abschnitt 14


Schwungvoll raus aus dem Wasser, Kopf zur Seite, melkt ihr schulterlanges brünnettes Haar mit beiden Händen, Wasser spritzt über ihren braunen Oberarm und platscht auf die blaugrauen Fliesen, glitzernde Perlen markieren den Weg.

Wie ein Tanz, und immer rhythmisch läßt sie das rote Handtuch über ihren Rücken gleiten. Der eine Arm nach oben, der andere seitwärts und dann wieder umgekehrt, und ihr Oberkörper immer in Bewegung. Sie hat Felix im Visier. Dann die Beine. Jeweils eins auf dem weißen Gartenstuhl, auf den Zehenspitzen, und sie spielt mit ihrer Beinmuskulatur. Schöne wohlgeformte Beine im gleißenden Sonnenlicht. Felix, immer noch im Pool, erschrickt, als er merkt, daß sie seine Blicke verfolgt hat. Schamesröte, aber sie lächelt. War auch das ihr nicht verborgen geblieben.

Laß dich nie bezirzen! Hatte ihn so nicht schon seine Mutter gewarnt, damals als er noch Märchen liebte. Zauberinnen und Hexen belauerten zu dieser Zeit seinen Vater, vereitelten seine Karriere und entzweiten ihn von seiner Familie. Ihre Warnungen und vor allem das, was sein Vater ihm vorgelebt hatte, hatten gefruchtet. Herr seiner Sinne sein, das war seine Maxime. Wachs in die Ohren stecken, und er bestimmte, wann er den Gesängen lauschte und vor allem wie lange. Aber was war los mit ihm in letzter Zeit? Zuerst am Strand von Montara und jetzt auch in Mohlers Garten spürte er, daß er seine Sinne nur schwerlich in Zaum halten konnte.

An diesem Tag war er überrascht worden. Als Mohler sie gebeten hatte mit ihm nach Hause zu gehen, hatte er nicht erwartet dort eine attraktive Frau vorzufinden. Zuerst würden sie ein wenig schwimmen, deshalb hatte Mohler sie ja spontan eingeladen, dann hatte Felix eine Diskussion der neuesten Gewinn- und Kostenschätzungen, eine Erörterung des stagnierenden Auftragseingangs und die Frage nach den Ursachen der weiter gestiegenen Kosten trotz KDP erwartet. Frau Sinstra stellte kein Problem dar, denn sie war nicht sein Typ. Was hatte er eigentlich erwartet, fragte er sich im Nachhinein. Mohler war kein attraktiver Mann, also durfte auch seine Frau es nicht sein? Unsinn, vor allem hatte er ja schon oft gehört, daß Mohler eine gutaussehende junge Frau hätte. Gar nichts hatte er gedacht; Mohlers Frau kam einfach nicht vor in seinen Gedanken. Und dann lag sie da im Garten, sonnengebräunt, und nur im Bikiniunterteil, und sein Blick verweilte eindeutig zu lange auf ihrem braunen Busen, denn er spürte, daß es ihr aufgefallen war. Genauso wie er spürte, daß er errötete, was ihm schon lange nicht mehr passiert war. Wie ein pubertärer Junge kam er sich vor, und es gelang ihm nicht mehr, in seine gewohnte Rolle des souveränen Managers zurückzuschlüpfen. Hoffentlich war es sonst niemandem aufgefallen.

Er wollte doch nicht sein wie alle Männer, nicht so wie Chris zum Beispiele. Ein bißchen nackte Frauenhaut und sein Freund Chris ist immer gleich aus dem Häuschen. Jung oder alt, hübsch oder nicht, das schien bei Chris nebensächlich. So ist Chris halt, ein totaler Sinnenmensch. Chris läßt sich treiben von der Gunst der Stunde, deshalb hängt er ja auch noch immer an der Uni herum, während er schon gutes Geld verdient, dachte Felix. Chris stört es auch überhaupt nicht, wenn er von einer Angebetenen eine Abfuhr erhält, denn im Prinzip, flirtet er ja nur um des Flirtens willen. Im Grunde ist er seiner Moni treu, und die ist noch stolz auf ihren Möchtegerncassanova. Das ginge bei ihm nicht, wenn Felix eine Frau wollte, dann mußte es klappen, und er würde nicht locker lassen bis es klappte, bis er sie im Bett hätte. Scheitern mochte er nicht, vertrug er nicht. Genauso wie im Beruf, wo er sich zwar ehrgeizige aber immer nur realistische Ziele steckte, und diese dann aber äußerst konsequent verfolgte. Er war es gewohnt die Initiative zu ergreifen, und nun war er von seinen Trieben, wie ein Tier, dachte er, überrascht worden.

Geschmeidig wie eine Katze läßt sie sich auf ihren weichen Luxusliegestuhl fallen, wie sie sich das Wasser aus ihrem dunklen Haar streift, den Kopf zur Seite geneigt, damit das Wasser auf die Fliesen tropft, alles wirkt, als habe sie es darauf abgesehen, ihn zu verführen. Offen, unter den Augen ihres Mannes flirtet sie mit ihm, ständig lächelnd und Felix Augen fixierend. Das war schiere Freundlichkeit, das hatte doch nichts mit Flirten zu tun, versuchte er sich zu korrigieren.

Er hatte ihren Zauber gespürt, und war aus ihrem Bann geflohen, hinein in den kühlen Pool. Ein Schwimmbecken, über dessen Dimensionen manches öffentliche Schwimmbad neidisch sein konnte. Natürlich, auch die Hitze, fast dreißig Grad, die auch Nachmittags noch herrschten, hatten ihn ins Wasser getrieben, ließen ihn dort Abkühlung suchen. Vergeblich.

--,,Oh ja, das ist genau das Richtige, ich brauche auch dringend eine Abkühlung!'', hatte sie sogleich auch gesagt, so als habe er sie gefragt, ob sie mit ihm dorthin gehen wollte, was er aber bewußt vermieden hatte. Er müsse unbedingt mal schwimmen gehen, er brauche dringend mal eine Abkühlung, hatte er nur gesagt und war sofort losgeeilt, aber sie war ihm dennoch unmittelbar gefolgt. Möwenschreie, Meeresrauschen und Stimmen spielender Kinder am Strand begleiteten sie, schallten durch den Garten aus wetterfesten Boxen. E-Piano, Glockenschläge und Beckenschläge.

--,,Mon dieu, das soll Kraulen sein?'', sagte sie schallend lachend, und er errötete zum ersten Mal seit langem wie ein Schuljunge, ertappt, daß er seine Hausaufgaben nicht richtig gemacht habe. Und dann hatte sie seinen Arm genommen, führte ihn im Kreis. ,,Weit ausstrecken, ...ranhohlen und zurück,...zu flach, hoch mit den Ellbogen''. Sie zog ihn zu sich, um ihm zu zeigen, wie er sich bewegen müsse, und immer wieder spürte er ihre Haut, ihren Bauch, ihre nun kalten Oberschenkel an seinen. Erschrocken spürte er, wie sein Penis schwoll und die Badehose sich spannte über seiner Erregung. Es war nicht alleine das Erlebnis der nassen und geschmeidigen Haut gewesen. Der intensive Hautkontakt hatte lediglich das Faß zum Überlaufen gebracht, dachte er, oder besser, das Blut zum Strömen gebracht. Ihr sonnengebräunter Körper hatte ihn die ganze Zeit im Bann gehalten. Eigentlich hatte er sich tapfer bemüht gehabt nicht hinzuschauen, aber sein fortwährender Kampf wurde meist von kleinen Verlusten unterbrochen: schnelle Blicken, immer wieder, verstohlen, wenn er glaubte, weder sie noch einer der anderen Anwesenden würde es bemerken. Dann wiegten seine Blicke ihre nackten Brüste. Er muß sich zusammenreißen, hat er sich immer wieder ermahnt. Aber wie die meisten Männer in solchen Situationen konnte er nicht widerstehen. Wenn niemand, auch sie es nicht sah, was konnte es schon schaden. Verstohlen zeichnete er die Form ihrer Beine nach, deren Perspektive sich ständig wechselte, mal angewinkelt, mal gestreckt. Fand sie ihn wirklich interessant? Vielleicht bauscht er auch eine Kette von Zufällen völlig unsinnig auf. Er kennt sie ja kaum. Möglicherweise läßt sich alles mit einer extravertierten Persönlichkeit erklären. Vielleicht gehört sie auch in die Gruppe dieser philanthrophen Typen, die einfach nicht anders können, als nett und freundlich zu ihren Mitmenschen zu sein, und er sponn sich völlig unsinnig was zusammen. Nein, das konnte er sich nicht vorstellen, oder wollte er es nicht. Gaukelte er sich nur vor, daß es ihm unangenehm war, wenn sie ihn umgarnte. ,,Il restera de nos amours ... une chambre mauve au petit jour ... et des mots que tu m'avais dits ... Hôtel Normandy'', sang Patricia Kaas und Dominique, die nun auch am Rand des Beckens neben Felix im Wasser stand, begleitete sie, mit fester schöner Stimme und ihr Gesicht nahm passend zum Text einen leidenden und liebenden Gesichtsausdruck an.

--,,Schöne Musik! Schade daß ich kaum was verstehen kann. Eigentlich nichts! Sie haben da anscheinend keine Probleme mit, Frau Mohler?'', sagte er.

Sein `Frau Mohler' sollte Distanz schaffen, sollte sie an ihren Mann erinnern, sollte die peinliche Situation ändern, aber sie begleitete schon wieder den nächsten Refrain:

,,Il restera de nos amours ... une chambre mauve au petit jour ... et des mots que tu m'avais dits ... Hôtel Normandy ... Il restera de notre histoire ... des guitares rock, un piano noir ... le fantôme de David Bowie ... Hôtel Normandy''

-,,Im Meer, in den hohen Wellen, draußen, dort wo sie noch nicht gebrochen sind, da war's herrlich!'', hatte sie ihm auf seine Frage, wo sie so gut Kraulen gelernt habe, geanwortet.

--,,Ja, das Meer, das fehlt mir!'', sagt sie mit träumerischem Blick, ,,hören sie, dieses Chanson, ... das ist auch über die Normandie. ...sagt gar nicht viel nur ein paar Worte und alles ist wieder da ... der Wind im Herbst ... können Sie sich das vorstellen ...der Sand im Pullover, wenn man über den Strand spazieren geht, wenn die Touristen weg sind ... der Sand in den Kleidern hat mir damals bestimmt nicht immer gefallen, aber jetzt kommt es mir wie ein wunderschöner Traum vor ......die Schiffe ...das wilde Meer, die Wogen mit ihre ècume ... wie sagt man ... Schaum ''

--,,Gischt!'', hilft er ihr.

Seine Gedanken sind auch am Strand, aber nicht in der Normandie, nicht mal am Atlantik. Er weilt an der Pazifikküste, sitzt wieder im Chart House von Montara. Dominique neben ihm, und Candy am Strand von Montara.

--,,...schäumend das Meer ... das vermisse ich ... und überall der Sand ...Die Touristen wollen weichen, weißen, warmen Sand, um in der Sonne zu liegen, aber, daß er auch zwischen den Zähnen knirschen kann, und in ihren Bade- und Bikinihosen kratzen kann, das stört sie, wenn's mal im Sommer windet. ... Das liebte ich so am Herbst, die sandigen Winde.''

--,,Ja, ich weiß, ich habe dann immer so Angst um meine Objektive, weil der ist ja so fein, daß vielleicht etwas ins Gehäuse von meinem Fotoapparat kommen könnte.''

--,,Ja, der ist so fein, der ist Überall ... und er klebt und backt mit dem Salz an der Haut ... spannt sie. ... Trotzdem, oder gerade deswegen, ich vermisse den Sand, ich liebe ihn ...vor allem im Herbst oder auch im Winter, wenn die Touristen schon weg sind, und die Stürme ihn durch die Luft peitschen. Der geht durch den dicksten Wollpullover ... Manchmal kratzt es richtig, wenn ich daran denke. Das Lied ja nicht viel mit der Normandie zu tun, könnte überall sein, aber dennoch wird mir immer weh ums Herz, wenn ich das Lied höre. ''

Und sie schwärmte von der unbeschwerten Jugend, die sie dort verbracht hatte. In den Klippen hatten sie Versteck gespielt, nach Piratenschätzen gesucht, sie auch, nicht nur die Jungs.

--,,Schmied! Kommen sie doch mal rüber. Wir sind gerade in Kalifornien!'', donnert plötzlich Mohlers Stimme auf ihn ein, und beendet damit ihre Unterhaltung.

Verflixt, er könnte jetzt nicht so aus dem Wasser, dachte er, während er über die blauen Kacheln des Swimmingpoolbodens glitt. Mohler hatte kaum ausgesprochen, da war er bereits abgetaucht. Die Schwellung in seiner Badehose war immer noch riesig, wie er sich unverzüglich mit seiner linken Hand überzeugt hatte.

--,,Dein Chef, mein Mann will Dich sprechen!'', hörte er Dominiques Stimme beim Auftauchen.

--,,Schmied, kommen sie doch mal, nur kurz, sie können ja gleich wieder zurück ins Wasser!''

--,,Wollt ihr mich jetzt wirklich hier ganz alleine lassen. Ich habe mich gerade so nett mit Felix unterhalten!'', ruft sie scherzhaft, als sich Felix langsam, mit rotem Kopf und gespannter Badehose, Mohler und den anderen nähert.

Felix ist wie immer irritiert, daß Mohler die Anrede `Herr' wegläßt. Wie in der Schule, da hatte es ihn auch immer gestört, wenn ihn die Lehrer mit dem blanken Nachnamen angesprochen hatten. Irgendwie fand er es immer so schrecklich erniedrigend. Allerdings konnten nur wenige seiner Klassenkameraden konnten seine Gefühle nachvollziehen. Sie sahen im Prinzip keinen Unterschied, ob sie mit dem Vor- oder dem Nachnamen angesprochen wurden. Mit dem Vornamen fand er es in Ordnung, zumindest bis zu einem gewissen Alter. Bei Mohler -- auch in seinen Gedanken verband Felix ihn nur selten mit der Anrede `Herr' oder gar `Herr Direktor', aber das war ja etwas ganz anderes, dachte er -- wie auch bei den Lehrern lag das Hauptproblem in der Macht, die sie über ihn ausübten, die starke Abhängigkeit, ließ diese sprachliche Reduktion zum Affront gedeihen. Vielleicht meinte Mohler es ja ganz anders, möglicherweise hatte er das genau Gegenteil im Visier. Konnte es nicht sein, daß er mit dieser Anrede ein Gefühl von Kollegialität und Vertrautheit schaffen wollte, denkt Felix. Aber Mohlers Reaktion auf Dominiques Klage irritiert Felix noch weit mehr.

--,,Ah, wie ich sehe, sind sie sich schon näher gekommen!'', sagt er mit einem breiten Grinsen.

Felix spürt, wie im noch mehr Blut zu Kopf stieg. Wenn es wenigstens zwischen den Beinen fehlte anschließend, dann war es ihm ja recht. Im gleißenden Sonnenlicht würden sie seine Schamesröte wohl kaum bemerken. Bloß schnell hinsetzen, und Beine über Kreuz schlagen. Warum grinsten alle so, hatten sie es bemerkt. Oder verbarg sich nicht hinter Mohlers Grinsen ein Gefühl von verletzter Eitelkeit und gekränktem Stolz? War es so, oder glaubte er es nur zu sehen, weil er es so erwartete.

--,,Abtrocknen hätten sie sich schon noch können!'', sagt Mohler, aber Felix braucht nicht zu antworten, denn Mohler kommt ohne Umschweife auf sein eigentliches Anliegen zu sprechen:

--,,Malter sagte uns gerade, daß sie in Kalifornien den geeigneten Mann für uns kennengelernt hätten!''

Malters aufmunterndes Lächeln kann Felix allerdings nicht entnehmen, um wen es geht. Der einzige Mann, der ihm einfällt ist George, aber der Vertrag mit der CEE war doch unter Dach und Fach. Ging es um einen neuen Auftrag?

--,,Dieser ...ähm '', startete Mohler und Dr. Malter sprang sofort hilfreich ein:

--,,Minger! Larry Minger!''

--,,Dieser Professor ...'', dabei macht er eine kurze Pause und schaut Dr. Malter fragend an, ob der Titel korrekt ist. Malter nickt sofort eifrig mit dem Kopf und Mohler fährt fort ,,Professor Minger ist also eine Koryphäe auf dem Gebiet des Business Reengineerings?''

Felix sieht Mohlers stechenden, prüfenden Blick, er will sich nochmals versichern, ob Malters hohes Lob gerechtfertigt wäre. Verdammt nochmal, was hatte Malter für einen Unsinn erzählt. Kennengelernt, ein üppiges Valley-Hi hatten sie ausgetauscht. Das wäre ihr anderer Chef, hatte Candy ihn vorgestellt. `Hiiiii' und `Nice to meet ya', und dann war die Koryphäe mit seiner ständig lächelnden Begleiterin schon wieder mit einem `Bye'-Duett von dannen gezogen. Auch nach amerikanischen Maßstäben konnte man da doch nicht von kennengelernt sprechen, denkt Felix. Er ist sich noch nicht einmal sicher, ob er ihn überhaupt wiedererkennen würde. Er gleicht Jack Nicholson, daran erinnert sich Felix noch. Das finde er überhaupt nicht, hatte Malter gesagt. Er könne keine Ähnlichkeit mit Jack Nicholson feststellen, und dann kurze Zeit später verblüffte Wolfgang Felix mit seiner Frage.

--,,Wer ist eigentlich dieser Jack Nicholson?''

Wolfgang wollte bestimmt wieder eine Geschäftsreise nach Kalifornien. Malter spekulierte bestimmt darauf Candy wieder zu sehen. Der wollte einfach nicht kapieren, daß er bei ihr keine Chancen hätte. Bei ihm sei es etwas ganz anderes, denkt Felix, und spürt, daß Mohler ungeduldig auf eine Antwort wartete, daß er sein Schweigen bereits als negatives Urteil zu werten begann. Was sollte er sagen? Damit könnte er ja vielleicht auch Candy wiedersehen, womit er gar nicht mehr gerechnet hatte. Diesmal würde er die Sache von vornherein anders anpacken. Um nach Kalifornien zu kommen, müßte er lediglich in Malters Lob einstimmen. Candy hatte ja immer von Larry in höchsten Tönen geschwärmt. Aber ansonsten wußte er nichts von Larry. Wie sollte er ihn also beurteilen. Aber zu sagen, daß er sich kein Urteil erlauben könne, da er zu wennig über ihn wüßte, wäre äußerst schlecht, dann stände Malter plötzlich besser da. Mohler liebte immer ein klares Ja oder Nein. Aber, ablehnen wollte er Larry ja auch nicht. Damit wäre dann die Chance auf ein Wiedersehen mit Candy geplatzt. Dann käme er wohl so schnell nicht wieder nach San Francisco.

--,,Doch, doch, der ist ziemlich bekannt!''

Diesmal würde er es geschickter anstellen. Den letzten Abend hatte sie damals mit ihm alleine verbringen wollen, das war ihm im Nachhinein klargeworden. Die war scharf auf ihn gewesen, und er war so blöd gewesen und hatte Malter mitgenommen. Gut, Malter hatte sich aufgedrängt gehabt, es war ihm fast keine andere Wahl geblieben, als ihn mitzunehmen. Am besten wäre es, wenn er diesmal alleine fleigen könnte, wenn Malter gar nicht erst dabei wäre. Aber, was wäre, wenn Malter statt ihm fliegen könnte.

--,,Was heißt hier ziemlich! Ist er der Beste oder nicht?'', fragt Mohler ungeduldig.

--,,Doch, doch, die meisten Experten halten ihn dafür!'', sagt Felix und hofft, daß Candy nicht zu sehr übertrieben hatte. Ja, er wollte Candy wiedersehen: ,,Er ist wirklich der beste auf seinem Gebiet!''. Sie war scharf auf ihn: ,,Malter ist eine echte Koryphäe!''. Das würde reichen fürs Ticket, hoffte Felix.

Mohler und Malter lachen befreit, während Raffaella Felix fragend anschaut. Dann ruft Herr Mohler mit seinem Handy im Haus an und bittet Simone doch noch eine Flasche Champagner zu bringen.

--,,Also, ich denke, bevor der Champus kommt, kann ich noch eine Abkühlung vertragen!'', sagt Mohler und spaziert auf seinen Spatzenbeinen über den Rasen zum Swimmingpool. Er lege sich lieber zum Aufwärmen auf eine Liege in der Sonne, im Schatten sei ihm doch etwas kühl geworden, entschuldigt sich Felix.

--,,Sie sehen so nachdenklich aus, Felix? ... '', fragt ihn Dominique, die gerade das Becken verlassen hatte, als die anderen gekommen waren. Sie war nun fertig mit dem Abtrocknen, und hatte neben ihm Platz genommen. Es irritierte ihn immer noch, daß er sich mit ihr duzte, während er sich mit Mohler siezte. ,, Ich darf sie doch Felix nennen?'', hatte sie ihn gleich zu Beginn gefragt, während Felix ein hilfloses `natürlich' stammelte, hatte sie weitergeredet, ohne auf Einwände von ihm zu warten: ,, ... Ich hasse die förmlichen Anreden ... ''

--,,Ihre Gedanken sind doch hoffentlich nicht bei der Firma ... sie wird sie doch nicht schon genau so verdorben haben wie meinen Mann? ... mit dem kann man gar keine normale Unterhaltung mehr führen ... immer nur die Firma ... '', sie hält kurz inne, lauscht der Musik von Patricia Kaas ,,eine herrliche Stimme hat die ... mein Mann nimmt die Musik nur war, wenn sie zu laut ist, und sie ihn beim Telefonieren mit der Firma stört!''

Vielleicht war es ja wirklich alles nur Zufall, und das wäre ja auch gut so. Ja, natürlich ist sie außerordentlich attraktiv, denkt er immer wieder, aber sie ist auch die Frau von Direktor Mohler, und damit ist sie sowieso tabu, unabhängig davon, ob er Vera treu sein sollte oder wollte. Wenn ihm seine Karriere lieb war, wenn er sie nicht gefährden wollte, durfte er sich nicht von ihr bezirzen lassen. Dennoch vielleicht könnte er ihr nicht widerstehen, wenn da nicht das Gefühl wäre, daß sie nur ein Spiel triebe, daß sie genau wisse, in welche Zielkonflikte sie ihn stößt, und daß sie es höchstwahrscheinlich überhaupt nicht ernst nimmt.

Auch ihr Mann scheint es so zu sehen, wie sonst ließe sich seine stoische Ruhe erklären, er sieht ihr Treiben, lächelt und widmet sich in aller Ruhe der Unterhaltung mit Herrn Herrn Braggard, Frau Sinistra und Dr. Malter, die sie nun im Schwimmbecken fortführen. Hätte er nicht mit ihnen ins Wasser gehen müssen. Es sah so aus, als besprächen sie auch dort fachliche Dinge. Andererseits wollte er auch nicht Dominique gegenüber unhöflich sein, indem er sie jetzt einfach so alleine ließe. Was findet Dominique eigentlich an ihrem Mann? Attraktiv wirkte er nie, und nun in Badehose wirkte er geradezu lächerlich, dachte Felix. Ein schwammiger Bauch schwabbelte über seiner Badehose, ausgeprägte Hängebrüste und dieser mächtige Torso wurde von zwei spindeldürren Beinen getragen. Auch in seinen teueren Maßanzügen wirkte er nicht athletisch, aber zumindest wirkte er besser proportioniert.

Sie war mindestens zwanzig Jahre jünger als ihr Mann. Knapp über dreißig, schätzt Felix, vielleicht auch älter. Mohlers Geld konnte es doch nur gewesen sein, womit er sie gewonnen hatte, denkt Felix, sein Geld und der damit verbundene soziale Status. Wäre Mohler nur ein kleiner Angestellter, würde sie ihm doch sicherlich keines Blickes würdigen. Aber was sollte ihr Spiel mit ihm? Natürlich sah er besser aus als Mohler und er war jünger, dynamischer. Seine beruflichen Erfolge, die bei anderen Frauen wirkten, konnten es doch bei ihr nicht sein. Gegenüber Mohler`s Reichtum und Macht war ein ein Nichts, und, wenn es ihm auch schwerviel, er würde es bleiben. Was könnte es sonst sein? Was, wenn sie ihn nur als Werkzeug nutzen wollte, um irgendwelche Eheprobleme auszutragen. Wäre das nicht auch eine Erklärung für Mohlers ungewöhnlichen Vorschlag, die Besprechung bei ihm zu Hause fortzuführen. Die Hitze sei unerträglich in der Firma, und die Klimaanlage funktioniere mal wieder nicht richtig im Besprechungsraum. Bei ihm Zuhause könnten sie außerdem ungestört diskutieren, und vor allem in angenehmerer Umgebung.

Ja, die Atmosphäre war angenehmer auf der Terrasse im Schatten von Buchen, und nachdem Mohler Simone, der Hausangestellten, eindringlich mitgeteilt hatte, keine weiteren Anrufe mehr an ihn weiterzuleiten, waren sie auch ungestört, abgesehen von Simone, die sich immer wieder geflissentlich nach Getränkewünschen erkundigte, aber es fehlte bei allen und vor allem bei Mohler der Elan eine ernsthaft Besprechung durchzuführen. So war es nicht verwunderlich, daß er nach kaum einer halben Stunde die Getränke von Fruchtsäften auf Champagner umstellte, und nach zwei Flaschen vorschlug, daß sie sich doch ein wenig am Pool abkühlen könnten. Felix wunderte sich, daß Simone mit einem Stoß von Badehosen vor ihnen stand, kurz nachdem sein oberster Chef Schwimmen erwähnt hatte. Verschiedenste Badehosenund Badeanzüge in verschiedenen Größen, Schnitten und Mustern breitete sie vor ihnen aus. Überbleibsel von vergeßlichen Gästen, und alte Modelle der Mohlers. `Keine Badesachen dabei' taugte bei Mohlers nicht als Entschuldigung.

Oder wollte sie ihren Mann strafen, ihm eine Lektion erteilen, dafür, daß er auch am Pool nicht aufhörte Firmenprobleme zu erörtern. Nachdem sie ihre Badehosen angezogen hatten, waren sie auch kurz in den Pool gegangen, Mohler war in seinen Spatzenbeinen voran gewatschelt, direkt gefolgt von Raffaella Sinistra, völlig blaß, und unscheinbar wie immer, und der ebenso bleiche Braggard, lief, als hätte er immer noch seinen Anzug an, als habe er gar nicht gemerkt, daß er nun in Badehosen war. Dann und wann glaubte Felix sogar zu sehen, wie seine Hände reflexartig in Richtung Hals flogen, als ob er den korrekten Sitz der Krawatte kontrollieren wollte, Phantomschmerzen. Kaum war auch Felix im Pool drin und hatte ein paar Züge geschwommen, fühlten sie sich Mohler und Braggard schon abgekühlt und hatten ihrem verkümmerten Bewegungsdrang genüge getan, und verließen den Pool wieder, bereit die Besprechung wieder aufzunehmen, denn schon beim Verlassen des Pools diskutierten sie wieder heftig. Sinistra folgte ihnen, ungern, denn Malter drängte.

--,,Wollt ihr mich jetzt wirklich alleine im Pool lassen?'', fragte Dominique und fügte dann leicht verärgert hinzu, daß sie eigentlich gehofft hätte, daß sie jetzt mit ihrem geschäftlichen Getue fertig wären, aber sie könnten sich wohl nie von ihrer Arbeit trennen.

--,,Herr Schmied bleibt ja noch bei dir!'', sagte Mohler, als er Felix als einzigen noch im Pool sah.

Eigentlich hatte Felix sich schon entschieden gehabt ihnen zu folgen, denn er glaubte er könne sich doch wohl nicht im Pool amüsieren, während sie weiterdiskutierten. Aber mit dieser Bemerkung war er ja gewissermaßen abgestellt. Felix war gewissermaßen beauftragt der Frau vom Big Boss im Pool Gesellschaft zu leisten. Aber er war sich nicht sicher, ob Mohler ihn nicht auch gleichzeitig hatte damit tadeln wollen, dafür, daß er nicht unvermittelt mit ihnen aufgebrochen war.

--,,Amour impossible ... quoi de plus terrible'', singt sie mit Patricia Kaas im Duett und ihre Stimme vibriert, denn sie schüttelt ihren Kopf, um die Haare vom Wasser zu befreien. ,,De perdre ou te suivre ... te rêver, ou vivre''.

Felix will sie gerne fragen, was der Text bedeute, aber er wagt es nicht, hat Angst, daß es wieder zu heikel werden könnte, denn er glaubt irgendetwas von einer unmöglichen Liebe zu verstehen.

--,,Das ist sie!'', sagt Dominique, während sie ihm zwei CD Hüllen reicht.

--,,Sieht nicht schlecht aus ... und vor allem hat sie eine tolle Stimme ... ich denke, ... du würdest dich auch nicht schlecht machen ... ich meine du hast wirklich eine tolle Stimme ... ''

Vor dem Du hatte er kurz innegehalten, beinahe wäre ihm wieder ein `Sie' rausgerutscht.

--,,Ach so ... jetzt bin ich aber ein wenig enttäuscht, daß du nur meine Stimme lobst ... '', täuschte sie offenkundig vor, beleidigt zu sein.

--,,Nein, natürlich nicht ... ich meine natürlich ... sie sehen ... ich meine du siehst mindestens genausogut aus ... '' stammelte er, und fragte dann, wohl um die Peinlichkeit zu beenden: ,,Spielst du eigentlich auch irgendein Instrument!''

--,,Klavier. ... aber ich bin lang nicht mehr so gut, wie es mal war ... wenn ich bedenke, daß ich mal fast konzertreife erreicht hatte ... damals, als ich meinen Mann kennengelernt hatte ... da konnte er lange vorm Klavier sitzen und meinem Spiel lauschen ... damals hat er mir auch gesagte, daß er ein großer Musikfreund sei ... heute habe ich einen phantastischen Flügel, den hat er extra für mich gekauft ... aber er hat keine Zeit mehr mir zuzuhören, ... er mag es immer noch, wenn ich spiele, aber mehr so als Hintergrundgeräusch, während er die Zeitung liest, oder im Papierkram der Firma stöbert. ... dann komme ich mir vor wie eine Barpianistin!ldots Ab und zu muß ich mal seinen, ... unseren Gästen vorspielen, ... dann werde ich vorgeführt ... aber da ist es das gleiche, die hören auch kaum zu ... die denken meist auch nur in Soll und Haben ... ''

Was sollte er sagen? Keinesfalls wollte er sich sich in mögliche Eheprobleme einmischen. Mohler arbeitete zu viel für die Firma, kümmerte sich zu wenig um seine Frau, war es aber nicht gerade dieses Engagement, das ihr dieses beneidenswerte Leben ermöglichte. Sie brauchte doch wohl absolut nichts mehr zu arbeiten, Gärtner, Köchinnen und Putzfrauen. Er würde bestimmt zuhören, falls er mal eingeladen würde, sagte er nach einer Weile.

--,,Das wird mit Sicherheit passieren. Demnächst beginnt bestimmt wieder eine neue große Einladungswelle, und die Führungskräfte und solche, die es einmal werden können ... '', wobei sie Felix lächelnd anschaute, ,,stehen auch mindestens einmal auf einer Gästeliste ... ''



next up previous contents
Nächste Seite: Abschnitt 15 Aufwärts: Königin von Montara Vorherige Seite: Abschnitt 13   Inhalt